Du bewegst mich.
(K)eine Freundschaft in Schwarzweiß
Der Blog
MIRRI
Seit 2017 sind Hannah und ich beste Freund-Kolleginnen.
Ich bin eine Schwarze Frau, Hannah ist eine weiße Frau. Intersektional ist unser Feminismus.
Und dann kam 2020. Unsere empowernde Freundschaft ist aus dem Gleichgewicht geraten. Durch viel zu viel.
„Wenn du und ich zusammenarbeiten, kann nur was unglaublich Großartiges rauskommen.“ Allmachtsplan.
Wir haben Angst:
Vor dem Leben.
Aber wir haben auch Hoffnung. Das muss man manchmal, wenn man die Welt verändern will.
Hannah und ich. Und unsere Ich-Ebenen: Freundinnen, Kolleginnen, Künstlerinnen, Aktivistinnen, Menschen...
Rassismus. Er war nie weg, aber jetzt ist er da. Haben wir ihn nicht kommen sehen? Stellt er sich zwischen uns? Schlägt einen Graben zwischen uns?
HANNAH
Unsere Freundscharbeit beruht auf Wertschätzung, Verständnis für die Wunden und Stärken der anderen und eben diesem verbindenden Thema:(Anti-)Rassismus.
In unserer gemeinsamen Arbeit ergänzen wir uns perfekt. Mirri ist Inhalt, ich bin Form. Und Mirri ist auch Form. Und ich bin auch Inhalt.
Ich war so naiv zu hoffen, dass >race< in unserer Beziehung „nur“ als Diskurs, als schmerzhafte (Passiv-)Erfahrung und natürlich als zu überwindende Konstruktion in unser beider gesellschaftlicher Realitäten stattfindet.
Das lassen wir uns nicht nehmen in einem Jahr, in dem uns so viel genommen wurde.
Um das Leben meiner Freundin.
Und dem, was danach kommt. Nach der Angst um und vor dem Leben.
Als dann unsere gemeinsame Theaterproduktion „BEWEGT“ wegen rassistischer Attacken durch weiße Passanten abgesagt werden musste, war auch unsere Freundschaft Teil der Konstruktion >race<.
Wir wussten nicht, wie mit all dem Folgenden umzugehen, ohne jeweils der anderen das Gefühl zu geben, sie nicht wahrzunehmen in ihren verschiedenen, manchmal widersprüchlichen, Ich-Ebenen. Die Entscheidungen, die nun folgen mussten, waren nicht mehr trennbar vom Diskurs um Entmündigung, white guilt, Empowerment und
der Politisierung von Gefühlen.
Als wer entscheide ich gerade? Welches Ich will ich sein, wenn es um meine beste Freundin geht, von der ich weiß, dass Empowerment Schwarzer Menschen ihre politischen Ziel ist? Was kann ich nun entscheiden für meine Freundin, von der ich das weiß, aber gleichzeitig sehe, dass sie verletzbar ist? Was entscheide ich, weil ich unbewusst einem weißen Kultursystem diene? Und wie viel „Weiß-Heit“ steckt in der Freundin Hannah, die für ihre Freundin Mirri einfach nur da sein will?
(K)eine Freundschaft in Schwarzweiß?
Geht das?
Dieser Blog...
...soll diese Frage rund um Freundschaft und >race< bewusst offen halten und in Form einer digitalen Materialsammlung lebensnah und persönlich zugänglich machen. Videos, WhatsApp-Verläufe, Telefon-Protokolle sollen hier genauso wie Fotos und Texte nebeneinander stattfinden. Mit gegenseitigen Gedankenimpulsen
haben wir neues Video-, Bild-, Ton- und Text-Material generiert, das an den Kern von „Schwarzweiß“ heranwill, ohne ihn zu einer farbenblinden Pflanze heranzuzüchten.
Wir fragen uns:
WIE..
...SCHAFFEN...
...WIR...
...ES, ...?
Rückschau von damals auf heute.*
MIRRI
HANNAH
*Triggerwarnung
Die beiden Texte FRIEDEN und DER WALD beschäftigen sich mit Suizid. Sie entstanden, nachdem die eine von uns Angst vor dem Leben und die andere Angst um das Leben ihrer Freundin hatte und wurden im März und April 2020 geschrieben.
(K)eine Freunschaft
in Schwarzweiß
Was Du gleich liest und schaust...
...sind Ergebnisse von Aufgaben und Fragen, die wir uns im Zeitraum Mai bis Juni 2021 wöchentlich per WhatsApp gestellt haben. Was zuvor geschah: Diverse Traumata, Rassismus, antirassistischer Kampf, ein Suizidversuch, eine wegen Rassismus abgesagte Performance, eine an all dem fast zerbrochene Freundschaft.
Es waren Aufgaben und Fragen, die wir uns stellten, um uns gegenseitig auf das Schwarzweiß unserer Freundschaft zu befragen. Die wir vergessen haben, zu erledigen, für die wir keine Zeit hatten, die uns unbequem waren, die uns gelungen sind, die uns nicht geglückt sind, die wir irgendwo zwischen Windmühlen erledigten, die wir collagierten als Nachdenkende über uns uns unsere Freundschaft.
Und
MITTENDRIN
lest und schaut ihr auch einfach Mirri und Hannah.
MIRRI
HANNAH
Wer ist Hannah für Dich? Schicke eine Sprachnachricht.
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Hannah ist meine Freundin.
Mittendrin das Memo
WIE...
...SCHAFFEN...
...WIR...
...ES,...
... unsere politischen Ichs in einer Freundschaft weder zu negieren noch zu benutzen, um Gefühle entweder ungeschehen oder unentschuldbar zu machen?
Was bedeutet es für dich, bewegt zu werden? Schreibe ein Gedicht.
Bewegt! Bewegung! Weg!
Was Bewegt dich? Was bewegt dich und dein Herz?
Was erregt dich, gut oder schlecht?
Was gibt dir Hoffnung? Was gibt dir Schmerz?
Du willst wissen was mich bewegt?
Mich bewegen Berge.
Große Berge von Angst. Große Berge der Verzweiflung. Große Berge der Unsicherheiten. Berge der Hoffnungslosigkeit.
Mich bewegen Berge.
Berge von Rassismus, Berge von Sexismus. Berge voller Hass und Verachtung. Berge.
Sie bewegen mich so sehr, dass manchmal nur der absolute Stillstand möglich ist.
Stehen bleiben. Nicht bewegen.
Mich nicht bewegen. Nicht bewegen lassen.
So still und ruhig. Und Hoffnung. Ruhe und Hoffnung.
So still, dass ich unsichtbar werde.
So still, dass mein Herz fast aufhört zu schlagen.
Ich muss meine Hand an meine Brust legen, um mich daran zu erinnern, dass es noch schlägt. Sich noch bewegt.
Dass ich mich bewege.
Dass ich bewegen kann.
Berge.
Ich lege meine Hand an die Berge. Erst an den einen und dann an den anderen. Spüre, dass sein Herz noch schlägt.
Wie bewege ich Berge? Wie bewege ich große Berge?
Wie bewege ich Berge, wenn die Menschen um mich herum noch nicht einmal bereit sind einen Stein aufzuheben. Einen Stein zu bewegen.
Warum soll ich? Warum soll ich die Berge bewegen, wenn die Menschen um mich rum noch nicht einmal bereit sind einen Stein aufzuheben? Einen Stein zu bewegen?
Wie bewege ich Berge?
Einen Stein nach dem anderen.
Mittendrin die Überforderung.
Schreibe ein typisches Gespräch zwischen Hannah und Mirri,
wenn es um Wut geht.
Hannah: Was ein kleines Arschloch.
Mirri: Jap.
Hannah: Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, außer: Kleines Arschloch. Aber er...
Mirri: Versuch jetzt bitte nicht, ihn zu verstehen.
Hannah: Was soll ich stattdessen tun?
Mirri: Du musst nichts tun, du musst nur wütend sein.
Hannah: Ich bin wütend.
Mirri: Lauter!
Hannah: ICH bin wütend.
Mirri: Lauter!
Hannah: ICH BIN wütend.
Mirri: Lauter!
Hannah: ICH BIN WÜTEND!
Pause.
Hannah: Und jetzt?
Mirri: Tat das gut?
Hannah: Weiß nicht.
Mirri: Du weißt es.
Hannah: Hat sich nicht gut angefühlt.
Mirri: Du darfst wütend sein.
Hannah: Ich bin wütend.
Mirri: Ich seh deine Wut nicht.
Hannah: Die ist unsichtbar.
Mirri: Du hast Angst.
Hannah: Du hast auch Angst.
Mirri: Nicht vor der Wut.
Hannah: Wut macht wütend.
Mirri: Ich bin wütend für dich.
Hannah: Ich hab gesagt, ich bin selbst wütend.
Mirri: Du bist nicht wütend genug. Du musst lauter schreien!
Hannah: Ich kann nicht lauter schreien.
Mirri: Du willst nicht lauter schreien!
Hannah: Aber ich...
Mirri: Du darfst wütender sein als du bist.
Hannah: Aber...
Mirri: Was, aber?
Hannah: Wut tut weh.
Mirri: Ja. Natürlich tut Wut weh. Aber...
Hannah: Was, aber?
Mirri: Wut ist so heilsam.
Hannah: Dein Lebenselexier.
Mirri: Du brauchst auch eins.
Hannah: Ich hab Theater.
Mirri: Und warum ist dein Theater wütend, du bist es aber nicht?
Hannah: Mein Theater kann nur schlecht besucht, nicht verlassen werden.
Mirri: Du hast Angst, dass dich Arschlöcher verlassen?
Hannah: Naja, also, das ist schon, also... was anderes.
Mirri: Das seh ich anders.
Hannah: Ich weiß, dass du das anders siehst.
Mirri: Niemand wird dich verlassen, wenn du wütend bist.
Hannah: Wut ist anstrengend.
Mirri: Wut ist wichtig.
Hannah: Wut ist traurig.
Mirri: Wut ist fröhlich.
Hannah: Wut macht kaputt.
Mirri: Wut heilt Wunden.
Hannah: Ich hab keine Lust mehr, darüber zu sprechen.
Mirri: Bist du jetzt wütend auf mich?
Hannah: Keine Ahnung.
Mirri: Du darfst auch wütend auf mich sein.
Hannah: Ist schwer.
Mirri: Warum?
Hannah: Wegen allem.
Mirri: Wegen was?
Hannah: Wegen allem, was passiert ist.
Mirri: Ich halt das schon aus.
Hannah: Aber vielleicht halt ich das nicht aus.
Mirri: Wegen allem, was passiert ist?
Hannah: Wegen allem, was passiert ist.
Pause.
Mirri: Aber du hast ja mich.
Hannah: Ist das so?
Mirri: Für die Wut.
Hannah: Und warum hast du mich?
Mirri: Für die Liebe. Das kannst du besser als ich.
Auch mittendrin.
Was ist weißes Privileg? Mache ein Video.
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Schreibe einen Tag in deinem Traumleben. Der Tag ist der 31.05.2034.
Beginne mit dem Aufstehen.
Es ist der 31.05.2034. Bin gerade aufgewacht. Schon so spät? Nein, nein. Egal. Ich kann ausschlafen. Meine Kleine und ihr Papa sind unterwegs, im Hochseilgarten. Oder wo? Ich hab's nicht auf dem Schirm. Oder nein: Ich muss es nicht auf dem Schirm haben. Ihr Papa hat sich ganz alleine drum gekümmert. Ich sollte Mal ausschlafen.
Okay, es ist 7.59 Uhr. Ausschlafen ist übertrieben, aber ich bin jetzt also wach. Der Kaffee ist noch warm. Sie sind also noch nicht so lange unterwegs. Gut für mich. Und die Zeitung liegt auf dem Tisch. Print. Wir mögen es altmodisch. Titel: CO²-Steuer wird nochmal erhöht. Dass das so ist, finde ich gut. Dass das so sein muss, finde ich nicht gut. Dass das so ist, finde ich gut. Ich drehe mich im Kreis. Aber hey, wir sind im Jahr 2034. Was soll ich sagen?
Was steht da noch? Während ich den lauwarmen Kaffee trinke und mein veganes Müsli – ich ernähre ich jetzt gesund – esse, blättere ich durch die Seiten, von denen ich weiß, dass sie in ein paar Tagen die große Vogelvoliere zieren werden, die in unserem Garten steht.
Im Regionalteil finde ich einen großen Bericht über meine Freundin Mirrianne. Vor zwei Tagen habe ich am Telefon das letzte Mal kurz mit ihr gesprochen. Wir mögen es altmodisch. Sie hat jetzt nicht mehr so viel Zeit für mich, dafür leitet sie die Polizei Frankfurt. Sie ist nicht gerade beliebt dort, aber hey, wir sind im Jahr 2034 – die perfekte Welt, von der wir so viel träumen, gibt es noch nicht.
Der Artikel? Keine kleinen Rassismen in der Beschreibung ihrer Person. Ich freue mich, denn hey, wir sind im Jahr 2034 – die perfekte Welt, von der wir so viel träumen, lässt immer noch auf sich warten, aber wir kommen ihr näher; zumindest muss eine Journalistin nicht mehr über Mirris Haar berichten, wenn sie über sie und ihre Funktion und Visionen in der Institution Polizei berichtet.
Im Kulturteil Frankfurt finde ich auch einen Bericht über unsere Premiere, die vor drei Tagen an den Landungsbrücken lief. Ich freue mich, dass ich „unsere Premiere“ denke, während ich die Kritik lese. Ich freue mich, dass ich mein Gehirn so weit trainiert habe, dass ich das Produkt, das wir als Team geschaffen haben und das ich als Regisseurin inszeniert habe, in meinem Kopf nicht nur mir gehört, nicht nur mein Erfolg oder Misserfolg ist – sondern dass die kollektiven Arbeitsstrukturen, die so lange behauptet wurden, nun auch in meinem Gehirn schon so tief verwurzelt sind, dass ich in meinen eigenen Gedanken nicht mehr darüber stolpere, weil das Narrativ immer noch anders ist.
Das Feedback der Journalistin ist detailliert und klug. Ich mag die Kritik, auch wenn die Journalistin nicht alles mag, was wir da auf der Bühne gemacht haben. Sie findet, wir wollten zu viel gleichzeitig erzählen. Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Zu viel, zu gleichzeitig. Mein Motto. In diesem Jahr, im Jahr 2034, habe ich das endlich akzeptiert.
Mein Telefon klingelt. Meine Kleine will mir mitteilen, dass sie mich vermisst. Freudentränen steigen in meinen Tränenkanal, suchen sich ihren Weg hinunter in mein Kleid. Es gibt Dinge, die ändern sich nie: Ich schlafe in dem Kleid, in dem ich abends die Vorstellung betreut habe. Zumindest stinkt es nicht mehr nach Rauch. Ich habe vor sechs Jahren aufgehört. Da war ich schwanger. Als die Kleine auflegen will, greift sich ihr Papa nochmal das Telefon. Er fragt mich, ob ich weiß, wo ihr Schulausweis ist. Damit gibt’s vergünstigten Eintritt. Der Schulausweis ist in ihrem Rucksack, und der liegt im Flur. Ich hätte das auf dem Schirm gehabt. Es gibt Dinge, die ändern sich nie, solange sich die Gesellschaft nicht zu der perfekten Welt entwickelt, wie wir sie erträumen.
Ich lege auf, schmunzelnd. Schreibe eine kurze Mail an meinen Assistenten. Er soll den Artikel über die Premiere morgen einscannen, für die Dokumentation. Ja, ich habe einen Assistenten. Es gibt Dinge, die können sich ändern.
Ich bin allein in unserem Haus. Im Garten singen die Papageien. Gut bewacht von Onny, dem Rüden, der darauf wartet, spazieren zu gehen. Heute gehe ich mit ihm. Eine lange Runde. Während ich mir die Zähne putze und keine Zahnseide benutze – es gibt Dinge, die ändern sich nie – schnibbel ich Gemüse und Früchte für die Vögel. Ich öffne die Terrassentür, und Onny springt ins Haus. Er hat ein Geschenk. Einen alten Blumentopf, den er wahrscheinlich bei der netten Nachbarin im Garten gefunden hat. Danke, Onny.
Gemeinsam gehen wir in den Garten, wo der Kakadu Filou gerade ein Tänzchen aufführt. Vitamine für alle! Es ist ein Tohuwabohu, als ich mich der Voliere nähere. Der Sittich fällt vor Freude von der Stange, als er die Melone riecht. Ich frage mich, ob es im Jahr 2034 angebracht ist, Vögel in einem Käfig zu halten, während man gleichzeitig veganes Müsli frisst. Es gibt Fragen, die beantworten sich nie.
Onny und ich drehen unsere Runde. Niemand spricht mich an, auf unserer Route. Es sind der Hund und ich. Auf den Feldern. Zwischendrin zwei Fotos: Die Kleine in den Wipfeln eines Baumes. Zehn Minuten später: Das aufgeschürfte Knie der Kleinen im Vordergrund, ihr kleines Gesicht in der Unschärfe im Hintergrund. Ich glaube, sie lächelt. Mir wird warm. Ich finde unsere Tochter wunderschön. Wahrscheinlich ist sie sogar der schönste Mensch, der jemals auf diese Welt gesetzt wurde. Ja, es gibt Dinge, die ändern sich nie; auch im Jahr 2034 denken Mütter das über ihre Kinder. Ihre Leidenschaft und ihren Ehrgeiz hat sie von mir, ihr diplomatisches Geschick von ihrem Papa. Ihre Augen hat sie von mir, ihre Haare von ihrem Papa. Und ihre mathematischen Fähigkeiten, ja, die hat sie ganz von alleine.
Ich schreibe eine kurze Nachricht zurück, sende Küsse fürs Knie und den Baum, an dem das Knie geschrammt hat, stecke das Telefon weg und vertraue. Er schafft das heute auch ohne mich, gute Eltern zu sein.
Onny hat derweil ein zweites Geschenk vom Feld geschleppt. Einen dicken Ast. Ich bedanke mich und werfe den Ast, so weit ich kann. Sechs Meter. Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Weitwurf war noch nie meine Stärke; zu viel, zu gleichzeitig.
Während ich so spaziere, denke ich darüber nach, wer ich heute sein werde, an diesem 31. Mai im Jahr 2034. Ich werde eine Frau sein, die nach dem Spaziergang nach Hause kommt und ein Buch liest. Einen Roman ohne Endzeitstimmung. Eine Geschichte über Freundschaft vielleicht. Ich werde ein Mensch sein, der Träume hat, die vielleicht nie in Erfüllung gehen. Ich werde ein politisches Individuum sein, dass weiter daran glauben wird, dass das Theater dazu beitragen kann, dass die Träume von dem Ich als Menschen wahr werden. Ich werde ein System sein, dass veränderbar ist. Ich werde Teil einer Gesellschaft sein, die noch viel vor sich, aber die eine Zukunft hat.
Ich werde sein.
Es gibt Dinge, die ändern sich selten.
Onny kommt wieder. Der selbe Ast, das selbe Spiel. So weit ich kann.
Manchmal ist man also altmodisch.
Mehr mittendrin.
Suche und finde in deinem WhatsApp-Verlauf mit mir drei Beispiele dafür, was unsere Freundschaft für dich ausmacht und schicke Screenshots davon in diese Nachrichtengruppe.
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Mittendrin
Das Memo: Bei aller Bewegung auch Freundinnen sein.
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Als ich lernte, dass ich weiß bin
Das war irgendwann, ich glaube 2010, in einem Dönerladen in Frankfurt. Auf der Leipziger Straße. Da saß ich, mit einem Buch in der Hand und aß einen Döner. Oder Falafel. Ich weiß nicht mehr. Ich hatte noch Zeit zu überbrücken bis zur nächsten Probe. Ein junger Mann saß am Tisch neben mir. Ich schätze ihn auf Mitte 20. Er war attraktiv, hatte ein nettes Lächeln. Er sprach mich irgendwann an. Wir kamen ins Gespräch, redeten über dies und das. Ich glaube, er war an mir interessiert, aber zu dem Zeitpunkt hatte ich eine Affäre mit irgendeinem Kerl von der Antifa, den ich auf irgendeiner Demo kennengelernt hatte und war nicht im Flirtmodus, obwohl mir mein Gegenüber gefiel. Wir redeten irgendwann über Religion. Er erzählte mir, dass er zum Islam konvertiert war. Ich fragte ihn: "Wieso?" Ich, vollkommen religionsbefreit aufgewachsen, zwar kirchensteuerzahlend und patentantenseiend, jedoch weder emotional noch inhaltlich an "meine" Religion gebunden, interessierte mich dafür, wie ein junger Mensch auf die Idee kommt, sich einer bestimmten Religion bewusst zuzuwenden. Diesen Kontext wusste er natürlich nicht und wie hätte er es auch wissen sollen, denn vermutlich hörte er die Frage nicht zum ersten Mal. Seine Antwort lautete: "Ich bin kein Terrorist." Ich war verwundert: "Nein, so meine ich das nicht. Ich will tatsächlich nur wissen, wieso."
Diese Geschichte hat mich lange beschäftigt.
Der Mann, dem ich gegenübersaß in diesem Dönerladen, war weiß.
So wie ich.
Und da sitzen nun also zwei weiße Menschen einander gegenüber und arbeiten sich an ihren gegenseitigen Vorannahmen ab.
Meine: Wie können sich junge Menschen nur freiwillig einer Religion zuwenden!
Seine: Die denkt bestimmt, wer zum Islam konvertiert, arbeitet für die Isis!
Wieso das der Moment war, von dem ich im Nachhinein behaupte, er war derjenige, in dem ich erkannte, dass ich weiß bin? Weil mir in diesem Moment klar wurde, dass mein Sprechen und mein Handeln im Kontext von gesellschaftlichen Diskursen nie ohne den Kontext aller anderen, die diese gesellschaftlichen Diskurse führen und als kleines Teilchen diese Gesellschaft formieren, stattfindet. Dass jeder Satz, den ich sage und jede meiner Handlungen immer eine Addition in der Summe sämtlicher gesellschaftlicher Erfahrungen ist. Und dass ich nicht nur ich bin, sondern auch Teil einer weißen Gesellschaft bin, die denkt, dass alle, die zum Islam konvertieren, für die Isis arbeiten. Auch wenn ich das selbst nicht denke.
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Wer ist Mirri für Dich? Schreibe einen Text.
Mirri mag gelb. Gelb ist ihre Lieblingsfarbe, einfach nicht etwa weil der Raps im hunsrück oder die Sonnenblume, oder die Sonne gelb sind, sondern weil sie sich in Gelb schön findet. gelb ist eine Farbe, die sie glücklich macht und gelb wertet nicht. Gelb geht immer. Mirri ist oft unsicher. Aber niemand glaubt ihr das, weil sie so selbstbewusst und stark aussieht. Ganz besonders, wenn sie gelb trägt.
Mirri hat oft Angst. Angst vor anderen und angst vor sich selbst, aber auch Angst um sich und um andere und um die Welt. Mirri hat sich entschieden wenn die Angst zu groß wird und nicht mehr auszuhalten ist, zu fliehen. weg zu laufen. Sie läuft dann nach Vorne. Flucht nach Vorne. Aber das aus Überzeugung. Das ist ihr Parole.
Mirri rennt gerne. aber nicht in echt, weil das ist anstrengend sondern in ihren Gedanke und mit ihren Emotionen. Oft sind ihre Gedanken und Emotionen so schnell, dass sie oft nicht hinterer kommt. Aber das ist nicht so schlimm, weil sie dann manchmal wieder umdrehen und zurück kommen und sie dann abholen. Bis dahin ist Mirri oft schon total erschöpft.
Mirri ist wütend. Oft und viel und sehr und manchmal weiß sie selbst nicht unbedingt warum. Sie will gar nicht wütend sein und die Menschen sagen ihr ja auch immer, dass sie nicht immer so wütend sein soll, aber dann denkt sie kurz nach und dann fallen ihr wieder all die Gründe ein, warum sie wütend ist und sie merkt, dass sie absolut jeden Grund hat um wütend zu sein und dann wird sie meistens direkt noch ein Bisschen wütender.
Mirri will die Welt verändern und Mirri will auch nicht die Welt verändern, sondern einfach wegrennen, aber das ist dann meistens eine Flucht nach Vorne und das führt dann oft dazu, dass irgendwie doch irgendetwas verändert wird. Mirri weiß dann gar nicht so recht, ob das jetzt Absicht war oder nicht oder ob das jetzt gut war oder nicht und dann denkt sie darüber nach und dann merkt sie dass es ihr eigentlich auch egal ist. aber dann bekommt sie meistens angst und hat angst vor ihrer Angst und den Gefühlen und Emotionen und möchte rennen, dann rennt sie los. meistens nach vorne und das aus Überzeugung.
Mirri rennt gerne, wenn sie rennt hat sie keine Angst. Dann ist sie meistens eher wütend. Wut ist gut. Wut ist Lebensenergie. Mirri möchte aber gar nicht wütend sein und Mirri möchte auch nicht rennen. Aber dann erinnert sie sich, dass sie wütend ist. und ja dass es ok ist, dass sie wütend ist, denn sie hat jedes verdammt Recht wütend zu sein.
Mirri ist verdammt sauer, Sie ist wütend,
Weil sie gar nicht rennen will, sondern einfach stehen bleiben und sein will. ,
Zu jeder Zeit und an jedem Ort, einfach sein. Aber Mirri ist Mirri und Mirri ist eine Schwarze Frau, die
unter Rassismus, Sexismus, Homophobie und Klassismus leiden kann.
Sie kann vergewaltigt, geschlagen, lebendig verbrannt werden und NIEMAND,
keine einzige Seele würde aufblicken, um ihre Abwesenheit in diesem Universum anzuerkennen
Weil sie unbedeutend ist,
Weil sie eine Schwarze Frau bin.
Mirri zu sein ist anstrengend. Aber auch schön, denn manchmal mag Mirri sich und manchmal ganz besonders, wenn irgendetwas gelbes in ihrem Sichtfeld ist, dann geht es Mirri gut. Mirri ist eine Frau, Eine Schwarze Frau. eine Schwarze Frau in einer weiß dominierten Gesellschaft, die meistens Angst hat. Aber dann wählt sie die Flucht nach Vorne. Und das mit Überzeugung, denn das ist was sie tut.
Mirri tut Dinge aus Überzeugung.
Bewegung:
inneres Bewegtsein, Erregung, Ergriffenheit
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Wer ist Mirri für dich? Schicke eine Sprachnachricht.
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Die Parallelität des Kurvendiagramms. Ein Einfachsotext.
Wenn du das liest, bist du im Urlaub. Ich weiß noch nicht mal, wo. Du hattest keine Zeit, es mir zu erzählen. Und ich hatte keine Zeit, dir zuzuhören. Wir trafen uns kurz vor deiner Abreise, um irgendwie noch zu besprechen, wie wir diesen Blog und seine komplexen Inhalte stemmen, zwischen all den Windmühlen und Terminen. Aus unserer einst so intensiven Freundschaft ist ein Newsletter geworden, den wir alle zwei Wochen versenden. Manchmal auch alle drei. Manchmal auch gar nicht. Abendliche Telefonanrufe sind Terminkalenderbesprechungen geworden. Eine Beziehung zu einem weiteren Punkt auf der To-do-Liste. Treffen werden unbefriedigend, weil die Welten, in denen wir uns bewegen, nicht mehr die selben sind. Und wir entweder aus den Sozialen Medien oder der Zeitung davon erfahren. Oder in flink verschickten WhatsApp Sprachnachrichten auf dem Weg zum nächsten Termin davon berichten. Weil wir nebeneinander herlaufen. Wie zwei Kurven in einem Kurvendiagramm, die einst immer wieder Schnittpunkte hatten und nun, im Tausenderbereich, dazu verdammt sind, als Parallelen ihr Dasein nebeneinander zu fristen. Von Außen betrachtet stimmt das wahrscheinlich nicht. Doch heute, an diesem Sonntag, wo ich hier sitze und schreibe, fühlt es sich genauso an.
Mache ein Foto von deinem bewegtesten Körperteil.
Bewegung:
das Bewegen eines Körperteils
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Unfotogene Freundschaft. Ein Aucheinfachsotext.
Mir ist gerade aufgefallen, dass es kaum Fotos von uns beiden gibt. Also, nein, das stimmt so nicht. Es gibt Fotos von dir und es gibt Fotos von mir. Aber es gibt keine Fotos von uns beiden zusammen... beim Weintrinken - oder Bier, beim Mädelsabend in unserer Lieblingskneipe, im Urlaub. Wir gehen nie Wein trinken - oder Bier. Wir haben keine Lieblingskneipe. Wir machen nie Mädelsabend zusammen. Oder Urlaube. Wir machen Projekte. Reden über Bücher, die wir gelesen haben, Stücke, die wir machen wollen, Dinge, die uns passiert sind, Erfahrungen, die wir gemacht haben. Unsere Freundschaft ist unfotogen. Ist unsere Freundschaft vielleicht tatsächlich politisch?
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Suche und finde in deinem WhatsApp-Verlauf mit mir drei Beispiele dafür, was unsere Freundschaft für dich ausmacht und schicke Screenshots davon in diese Nachrichtengruppe.
Bewegung
gemeinsame (politische) Bestrebungen einer Gruppe von Menschen
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Was bedeutet es für dich, bewegt zu werden? Schreibe ein Gedicht.
Du bewegst mich.
Weg, weg, lass mich weg weg.
Lass mich weiter, weiter. Weiter weg weg.
Bewege mich, Stein, rolle mich den Berg hinauf.
Folge mir hinunter. Bewege mich in dir.
Durch dich. Durch dich hindurch. Ich dich hinein. Über dich hinweg.
Unter dir drunter. An dir vorbei. Zwischen dir durch.
Bewege mich, Weg, weg, hinweg.
Fort.
Was bedeutet (k)eine Freundschaft in Schwarzweiß für dich? Mache ein Video.
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Stell dir vor, dass du als 10-Jährige mit Mirri befreundet wärst. Wie würde ein Tag in eurer Freundschaft aussehen? Mache ein Video.
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Bewegung
körperliche Aktivität
Was bedeutet (k)eine Freundschaft in Schwarzweiß für dich? Mache ein Video.
Was (k)eine Freundschaft in Schwarzweiß für mich ist? Ich kann es dir nicht (mehr) beantworten. Ich weiß, was ich vor einem Jahr dazu gesagt hätte: Eine Freundschaft in Schwarzweiß ist auch (k)eine Freundschaft in Schwarzweiß. Es ist eine Freundschaft, in der jede die andere so sieht, wie sie ist und nicht so, wie sie sie braucht. Der eigene Blick manipuliert das Bild immer. Ich sehe dich an und ich sehe, dass du Schwarz bist. Und ich sehe dich an und sehe nicht, dass du Schwarz bist. Bin ich farbenblind oder sehe ich dich?
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Aufgabe für diese Woche: Mache kurze Videos von dir, jedes Mal, wenn du an einem Spiegel vorbei kommst. Von dir im Spiegel.
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Bewegung
der Vorgang, dass sich etwas bewegt, seine Lage verändert
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Meine politischen Ichs, in willkürlicher Listung - ein Wiedermaleinfachsotext:
Ich bin eine cis-Frau.
Ich bin weiß.
Ich bin Akademikerin.
Ich bin hetero.
Ich habe einen Kinderwunsch.
Ich wurde von einem Mann vergewaltigt.
Ich bin ein Organisationstalent.
Ich bin Theatermacherin.
Ich bin Lehrer:innen-Kind.
ich bin auf dem Land aufgewachsen.
Ich bin die jünste von drei Töchtern.
Ich lebe in Frankfurt.
Ich wähle links.
Ich bin politische Künstlerin. Meistens.
Ich lese viele Bücher von Aktivistinnen.
Ich habe mehr männliche als weiblich gelesene Freund:innen.
Ich trage in meinem Job Verantwortung für andere Menschen.
Ich bin in einer Leitungsposition.
Ich habe mich für Kunst, gegen Geld entschieden.
Ich bin mit einem Mann liiert, der Rassismus erfährt.
Ich spreche auf anti-rassistischen Veranstaltungen.
Ich versuche, keine rassistische Sprache zu benutzen.
Ich führe Workshops durch, bei denen ich darauf bestehe, dass Rassismen nicht wiederholt werden müssen, um über Rassismus zu sprechen.
Ich bin oft sehr müde und ausgebrannt.
Ich will immer funktionieren.
Ich war mal bei der Antifa.
Ich hatte lange Bindungsangst und Sex mit sehr vielen unterschiedlichen Männern. Nie mit einer Frau.
Ich habe meinen Vater nach langer, schwerer Krankheit verloren.
Ich bin nicht ängstlich, wenn ich nachts durch Frankfurt laufe.
Ich rufe die Polizei, wenn ich Unrecht sehe.
Ich habe Angst vor körperlicher Gewalt.
Ich kann nicht wütend sein.
Ich bin immer höflich.
Ich bin mehr mit nicht-weißen Menschen befreundet, als mit weißen Menschen.
Ich finde weiße Männer oft schrecklich.
Ich lese Zeitung online.
Ich neige in Stresssituationen zu Autoaggressivität.
Ich finde mich zu dick.
Ich bin Feministin.
Ich nutze Waschbälle und Rasierhobel.
Ich bin kinderlieb.
Ich bin an Schulen tätig und liebe es.
Ich wünsche mir manchmal, wieder auf dem Land zu leben.
Ich liebe das Leben in der Stadt.
Ich gehe gerne ins Theater. Auch in schlechtes.
Ich bin permanent unsicher, ob ich gutes Theater mache.
Ich werde gerne gebraucht.
Ich betrachte mein Leben als Baustelle und sichere diese immer erst einmal ab, damit niemand reinfällt.
Ich wurde mal bezeichnet als "Eine Idiotin auf der Flucht."
Ich fand meine beste Freundin nach ihrem Suizidversuch und hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich ihr die Polizei ins Haus geholt habe, weil ich im Schock die Nummer vom RTW vergessen hatte.
Ich leide manchmal an Panikattacken, wenn sich Menschen lange nicht bei mir melden, weil ich Angst habe, dass sie getötet wurden.
Ich erinnere mich nicht an meine Träume.
Ich dachte mal darüber nach, zu promovieren.
Ich habe meinem Vater auf dem Totenbett nichts versprochen.
Ich bin heimliche Romantikerin.
Ich bin nicht nachtragend.
Ich möchte von allen gemocht werden.
Ich erzähle traumatische Erlebnisse als Anekdoten.
Ich wäre gerne elegant.
Ich habe meinen Abschluss über Komik&Kritik geschrieben.
Ich bin stolz darauf, dass man mir meine Herkunft (Baden-Württemberg) heute nicht mehr anhört.
Ich schreibe.
Immer.
Und viel.
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Wie schaffen wir es, unsere politischen Ichs in einer Freundschaft weder zu negieren noch zu benutzen, um Gefühle entweder ungeschehen oder unentschuldbar zu machen? Ein Ichkanneinfachnichtaufhörendarübernachzudenkenundmussschreibentext.
Ich höre Chopin, um mich dieser Frage zu widmen. Das ist nicht politisch, das ist reine Inszenierung. Ich fühle mich wertvoll, wenn ich Chopin höre. Ich fühle das, was hier Weiß auf Schwarz vor meinem mitlesenden Auge entsteht, bedeutsam durch die Atmosphäre, die die Musik schafft.
Wieso ich überhaupt über diese Frage nachdenke, wieso wir eigentlich dieses Projekt machen?
Weil unsere Freundschaft (k)eine in Schwarzweiß ist. Weil in unserem letzten Projekt, das als antirassistische Performance im Öffentlichen Raum wegen Rassismus im Öffentlichen Raum zu keiner antirassistischen Performance im Öffentlichen Raum wurde, meine Freundin Mirri und ich plötzlich in unseren Grundfesten erschüttert wurden. Der gemeinsame Feind war schon immer, seitdem wir uns kennen: Rassismus. Das ist so, das bleibt so. Und doch wurde durch den gemeinsamen Feind Rassismus im letzten Jahr auch unsere Freundschaft auf Augenhöhe zu einer Freundschaft auf der Goldwage. Wir begegneten uns nicht mehr ehrlich, sondern als zwei sich gegenüberstehende Säulen, in deren Mitte die Angst, die andere zu verletzten, die unsichtbare Klammer war. Ein Balkon aus Angst, von dem wir beide nicht fallen wollten und so lange drauf standen, bis er unter der Last unserer immer schwerer werdenden Körper zusammenbrach. Was geschah?
Tränen wurden zu white tears, Erschöpfung zu Privilegien, Fürsorge zu Bevormundung, Freundinnen zu Farben, Kunst zum Zwang, Teams zu Krieger:innen, Kolleginnen zu Systemrepräsentantinnen, Bühnen zu Ausstellungsräumen. Angst zu Wut. Und alles war wahr. In dem Moment. Gleichzeitig. Es waren einfach nur Tränen. Und es waren white tears. Es war alles wahr. In dem Moment. Gleichzeitig. Es war einfach nur Erschöpfung. Und es war Ausdruck eines Privilegs, von so einer Situation zu überfordert zu sein. Und es waren white tears. Es war alles wahr. In dem Moment. Gleichzeitig.
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Rassismus war und ist der Feind. Das wurde vergessen. Der Feind bist nicht du, bist nicht ich. Gefühle sind nicht ungeschehen. Und wenn sie nicht unentschuldbar sind? Dann ist Rassismus immer noch der Feind.
Bewegung
miteinander denkend spazieren gehen, ohne am selben Ort zu sein
Du bewegst mich. (K)eine Freundschaft in Schwarzweiß
ist für uns inhaltlich kein zufriedenstellendes Projekt. Denn obwohl wir das Konzept als Recherche bewusst offen ließen und formulierten, dass wir keine Lösung oder klar umrissene These finden würden, sondern gleich eines Gedankenstroms Leser:innen und Zuschauer:innen mit uns und unserer Freundschaft mitdenken können, entwickelten wir während des Erarbeitungsprozesses immer wieder Mechanismen, die uns denken ließen, wir müssten dies. Wir können uns das nur so erklären, dass wir es als Frauen und TheatermacherINNEN gewöhnt sind, alles wissen zu müssen, können zu müssen, schaffen zu müssen, sagen zu müssen, machen zu müssen. Dass also unsere innere Unzufriedenheit mit dem offenen Konzept Ergebnis einer sexistischen und rassistischen Struktur ist, die (Schwarze) Frauen denken lässt, alles gleichzeitig sein und sagen zu müssen, um die Bühne zu nutzen, die gegönnt wird. Wir sagen es einmal. Wir meinen es so. Wir sagen es zweimal. Wir meinen es eben immer noch so. So ist dieser Blog für uns vor allem auch ein Learning darüber, auszuhalten, keine Lösung zu haben, kein Ergebnis, das Schwarz auf Weiß abgedruckt irgendwo stehen könnte und uns selbst von unseren Ansprüchen zu emanzipieren. Schwarz auf Gelb macht es nur insofern besser, als dass es fröhlicher wirkt. Und dass es eine Lieblingsfarbe ist.
Dieses Blog-Projekt entstand im Rahmen von #takecare
Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.